Die Geschichte der Baureihe M61
 
MÁVs Bedarf an Streckendieselloks

Gegen Ende der 50er begann in Ungarn die Dampftraktion dem Untergang entgegenzusteuern und anderen Bahnverwaltungen gleich hat auch MÁV Pläne zur Beschaffung von Diesel- und Elektrolokomotiven aufgestellt. Zu der Zeit waren nur wenige Strecken elektrifiziert, daher war der Bedarf an Diesellokomotiven für den Streckendienst von größter Bedeutung.

Die einheimische Industrie war erfolgreich bei der Enticklung von kleineren Dieselloks für den Rangierdienst (M28 mit 100/147 kW und M44 mit 440 kW, der später auch zum Exportschlager wurde), jedoch schlugen die Versuche fehl, eine Streckenlokomotive im Leistungsbereich von 1500 kW zu entwickeln. Für eine Streckendiesellok wurden schon in den 40er Jahren erste Pläne konzipiert; sie wäre eine Maschine mit einem Führerstand in der Schaufelnasen-Formgebung der berühmten „Hargita” Triebzüge gewesen (letztere und deren Abkömmlinge waren damals sogar in Südamerika im Einsatz), aber zum Teil wegen dem Weltkrieg konnte das Projekt nicht in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Nach dem Krieg wurde bei Ganz eine Versuchslokomotive mit 1472 kW Nennleistung gebaut (Ganz DVM-3; sie sollte bei MÁV die Baureihe M601 werden), es blieb aber bei einem erfolglosen Experiment, welchem in 1957 ein schwerer Motorschaden ein Ende gesetzt hat.


Die Demonstratoren

Nachdem in 1960 MÁV eine Ausschreibung für Streckendiesellokomotiven veröffentlicht hat, wurden zwei Vorführlokomotiven in Ungarn getestet. Krauss-Maffei hat sich mit einer sechsachsigen dieselhydraulischen Maschine mit 1546 kW Nominalleistung beworben, deren vierachsige Version bei der DB seit einer Zeit als V200 in Betrieb war. Für die Dauer der Tests (die etwa zwei Wochen in Anspruch nahmen) wurde der Lokomotive zeitweilig die Nummer M61-2001 zugeteilt.

Der andere Bewerber mit einer Vorführlokomotive war die schwedische Nydqvist & Holm AB. Der Demonstrator, ein Abkömmling von EMDs F-Serie war intern nahezu identisch mit einer FP7 und wurde mit einem 16-567-Motor und Gleichstrom-Kraftübertragung ausgerüstet. Dieses konkrete Exemplar war ursprünglich mit einigen anderen Maschinen für Finnland bestimmt worden, jedoch hat sich die Finnische Staatsbahn letztlich doch nicht für die NOHABs entschieden. Die Maschine wurde nach dem Vorführdienst in Osteuropa an Norwegen verkauft und wurde dort zur Di3.623.


Die Bestellung

Nach Abschluß der Probefahrten war MÁV mit beiden Lokomotiven zufrieden, schließlich wurde aber die NOHAB-Lok bevorzugt. Eine der wichtigsten Gründe für diese Entscheidung war die Tatsache, daß die Krauss-Maffei-Maschine zwei Dieselmotoren hatte, während NOHABs Konstruktion mit einem langsamlaufenden 16-Zylinder-Motor der Reihe 567 ausgerüstet wurde, welche sich bereits in Triebfahrzeugen, Schiffen und stationären Anlagen tausendfach bewährt hat und weltweit für seine Strapazierfähigkeit und Zuverlässigkeit berühmt war. Die Entscheidung wurde auch durch die elektrische Kraftübertragung begünstigt, denn damals war die hydraulische Übertragung, besonders die hydrodynamische Art, ein wenig erprobtes Terrain mit spärlicher Erfahrung über deren langfristige Einsatzbereitschaft. Ferner sind die jüngsten Erfahrungen mit den dieselhydraulischen Rangiermaschinen der Baureihe M31 nicht gerade positiv ausgefallen, obwohl sich später auch an der M31 vieles verbessert hat. Es sollte aber angemerkt werden, daß die Krauss-Maffei-Maschinen nicht gleich als ungeeignet abgetan werden dürfen, da sie bei der DB, der OSE und der JZ für eine beachtliche Zeit gute Dienste geleistet haben und einige der überlebenden Loks nun bei Privatbahnen (z. B. in Italien) ein neues Leben begonnen haben.

Nach der Entscheidung von MÁV wurden bei NOHAB 20 Lokomotiven bestellt, die in 1963 und 1964 geliefert wurden. Später hat NOHAB auch stärkere Maschinen mit einem 645-Motor und Turbolader (in Dänemark als MZ bekannt) angeboten, aber der Kauf wurde leider durch wirtschaftliche, politische und persönliche Interessen vereitelt. Anstelle der NOHABs wurde der MÁV die in der Sowjetunion gebaute Baureihe M62 angedreht, die eigens für den Einsatz auf Normalspur entworfen wurde. Da Ungarn die ersten Exemplare des Typs bekam, hatte MÁV verstärkt mit den Kinderkrankheiten der unausgereiften Konstruktion zu kämpfen, angefangen vom unakzeptablen Schallpegel bis zum – auch heute existierenden – beispiellos hohen Kraftstoffverbrauch. Während die M62 anfangs nur für Probleme gesorgt haben, versahen die M61 ihren Dienst vom Anfang an mit beispielhafter Zuverlässigkeit.


Die Dienstjahre

Die ersten zwei Lokomotiven der Baureihe (M61-001 und 002) begannen ihren planmäßigen Einsatz im Mai 1963, und der Rest der Maschinen wurde in 1963 und Anfang 1964 auch geliefert. In den ersten Jahren ihres Einsatzes waren die M61 wahre Flaggschiffe der ungarischen Dieselflotte; kein Wunder, daß sie zu einem der damals vornehmsten Betriebswerke, dem BW „Hámán Kató” (heute „Budapest-Nord”) gehörten. Die ersten zehn Maschinen waren demnach in Budapest beheimatet, während der Rest der Baureihe nach Debrecen stationiert wurde. Als die meisten Lokomotiven der Baureihe noch nicht geliefert waren, versahen die ersten Maschinen ihren Dienst zeitweilig auf der Strecke Budapest – Miskolc um den dortigen Mangel an Triebfahrzeugen zu stillen; danach kamen sie auf den Linien Budapest – Wien, Budapest – Cegléd – Szolnok – Debrecen – Nyíregyháza – Záhony, Budapest – Párkány (Štúrovo), Budapest – Újszász – Szolnok – Békéscsaba – Kürtös (Curtici) und Budapest – Kelebia – Szabadka (Subotica) mit Schnellzügen und durchgehenden Güterzügen zum Einsatz.

Später erweiterte sich ihr Einsatzgebiet auf alle nicht elektrifizierte Hauptstrecken, und zwar zwischen Budapest – Szeged, Budapest – Biharkeresztes, Budapest – Keszthely, Budapest – Nagykanizsa, Budapest – Tapolca – Zalaegerszeg, Budapest – Gyékényes, Budapest – Pécs und Budapest – Hatvan – Somoskõújfalu. 1968 waren sie für eine kurze Zeit sogar auf der Linie Budapest – Szombathely zu sehen. Als die M62 massenhaft ins Land kamen, wurden die M61 fast ausschließlich für den Personenverkehr verwendet, denn die NOHAB-Loks hatten im Gegensatz zur M62 einen Dampfkessel zur Zugheizung. (Damals hatte keine sowjetische Lokomotive eine Anlage zur Zugheizung, da in der Sowjetunion jeder Personenwagen mit einem Kohleofen einzeln beheizt war. Da aber auch die M62 öfters im Personenverkehr Ungarns eingesetzt wurden, lieferte Ganz-MÁVAG elektrische Heizwagen, wodurch die mit M62 bespannten Züge im Winter Unmengen an Kraftstoff verschlangen.)

In den Jahren ihres Einsatzes erlangten die M61 hohes Ansehen bei den Lokführern und dem Wartungspersonal. Keine andere Diesellokomotive war ihnen ebenbürtig in Zuverlässigkeit und technischer Perfektion. Ihre Unverwüstlichkeit zeigte sich besonders in den letzten Jahrzehnten ihres Einsatzes, als die M61, trotz unzureichender Wartung, immer noch eine deutlich höhere Verfügbarkeit zeigten als andere Baureihen, die mit Reparaturen und Finanzen um so mehr gefüttert wurden. In den ersten Jahren der M61 ließen die Lokführer niemand den Maschinenraum unbeaufsichtigt betreten und pflegten ihre Maschine mit akribischer Gründlichkeit. Es bedeutete einen hohen Rang, einer M61 zugeteilt zu sein; die meisten Lokführer konnten nicht einmal im Traum darauf hoffen. Aber auch bei den Passagieren wurden die Maschinen beispiellos beliebt, sei es wegen ihrer Stimme, die im Kontrast zum dissonanten Pfeifen und Poltern anderer einheimischer Lokomotiven so sehr begeisternd ist; oder auch wegen ihres eleganten Aussehens, das so viel anmutiger ist als die anderen plumpen Blechbüchsen. Mit anderen Worten ausgedrückt wurden die M61 zur Legende in Ungarn, genauso, wie dies mit ihren Schwestern in Dänemark oder Norwegen, oder deren Vorfahren in Australien und Amerika geschehen ist.

Anfang der 70er Jahre begann MÁV, stärker in die Elektrifizierung zu investieren, was sicherlich durch die steigenden Ölpreise noch mehr beschleunigt wurde. Als Ergebnis dessen verschwanden die M61 nach und nach von den östlichen Hauptstrecken des Landes. Da sich der Einsatz der M61 nun jenseits der Donau konzentrierte, wurden die Maschinen in den Jahren 1979–1983 und 1988–1990 nach Tapolca, einer Stadt in der Nähe des Balaton (Plattensee) umstationiert. Die letzten M61, die nach Tapolca kamen, waren die ehemaligen Regierungsloks 014 und 019. Gleichzeitig schrumpfte der Einsatzgebiet der Baureihe auf die Linien Budapest – Tapolca – Celldömölk und Budapest – Nagykanizsa. Am Ende ihrer Dienstjahre verkehrten sie nördlich des Balaton zwischen Székesfehérvár und Tapolca/Celldömölk (Linien 29 und 26), und auf den Linien 20, 26, 26a (nun 30b) und 36 von Szombathely über Celldömölk, Tapolca, nach Balatonszentgyörgy, Fonyód und Kaposvár. In diesen letzten zwei Jahrzehnten geschah es, daß die M61 unzertrennlich mit der Atmosphäre des Balaton und der Berge der Region zusammenwuchsen; ihre Stimme und ihr Anblick paßte so natürlich in diese Umgebung, als wären sie von vorn herein hierfür geschaffen. Nun, als ihr Plandienst vorbei ist, müssen sich viele Leute, darunter Tausende von Turisten, mit der enttäuschenden Tatsache abfinden, daß anstelle der mächtigen M61 nun die M62 mit ihren dicken Qualmwolken die Luft verpesten während sich die kränkliche Maschine mit einem verspäteten Personenzug abquält, oder die Ruhe der Berge vom Klappern einer M41 (einer in letzter Zeit durch Brände geplagten Ganz-MÁVAG-Baureihe) geschändet wird.


Die Abstellung

Die Elektrifizierung, das hohe Alter und vereinzelte Unfälle könnten wohl als natürliche Feinde der M61 betrachtet werden, aber offensichtlich gab es auch weniger sichtbare Interessen, die zum vorzeitigen Untergang der Baureihe geführt haben. Verglichen damit, daß ihre Schwestern, die MY der DSB und die Di3 der NSB für mehr als vier Jahrzehnte im Einsatz blieben, mußten die M61 viel zu früh aus dem Dienst scheiden, als die Führung der MÁV in der zweiten Hälfte der 80er Jahre ihre Vernichtung beschloß. Man bediente sich einer breiten Palette von Argumenten – sowohl politischen, als auch wirtschaftlichen Gründen – um eine Gerechtfertigung dafür zu finden, was demnach mit den Maschinen geschah. Einerseits wurde an allen Ecken und Enden gespart, wenn es um Reparaturen oder Ersatzteile ging, andererseits war die verschwenderische Haltung nicht zu übersehen, als die Maschinen massenhaft, einige noch voll funktionsfähig, verschrottet wurden. Das erste Opfer war M61-009, die nach einem kleineren Unfall in 1987 abgestellt wurde und ihr Hauptrahmen für beschädigt erklärt wurde. Andere folgten bald der 009, viele von ihnen noch funktionsfähig, oder mit kleineren, zumindest reparierbaren Defekten. M61-003 wurde zum Beispiel offiziell wegen Spurkranzverschleiß verschrottet. Auch wenn es auf der Hand lag, daß sich unter den Dieseltriebfahrzeugen der MÁV kein Ersatz für die M61 finden läßt, wurde der sinnlose Holocaust fortgesetzt, sogar nach dem Ende der sozialistischen Ära in 1989, immer noch auf die gleiche kurzsichtige Weise wie zuvor; von den selben Interessen geleitet, könnte man meinen.

Aber auch noch die letzten Jahre brachten einige Ereignisse, die der Erinnerung wert sind. So wurde in 1993 der M61-004 anläßlich des 125. Jahrestages der MÁV ein rot-weißer Anstrich spendiert; als ein Versuch, die Maschine in ihre bis in die späten 70er eingesetzte Ursprungslackierung zurückzuversetzen. Im Sommer desselben Jahres fand in Tapolca ein Treffen von Lokomotiven mit GM-Motoren statt, wo neben M61-004 und einer unlängst überholten und immer noch glänzenden M61-002 auch eine österreichische 2050 (Henschel J12), eine kroatische 2063 (EMD GT26CW) und eine 2061 (EMD G16) ausgestellt wurde, sowie andere Fahrzeuge, die weniger mit GM zu tun hatten. Die fein erneuerten Gebäude von Bahnhof und Betriebswerk und die von der MÁV-Führung verlautbarten Versprechen hätten schon vermitteln können, daß zumindest einige bessere Jahre kommen würden, aber der Rest der Geschichte dieser Baureihe ließ sich beim Anblick des damals in Tapolca noch sichtbaren Torsos von M61-018 schon erahnen.

Andere erwähnenswerte Ereignisse waren die Überholung der M61-006 in 1995, während dessen neben dem Anstrich auch der Motor erneuert wurde, und die nicht minder spektakuläre Wiederauferstehung von M61-019 in 1996, nachdem die Lok für lange Zeit am Rande der Verschrottung dahinvegetierte. Aber das Jahr 1996 brachte auch eine weniger angenehme Änderung. Mit der Einführung des neuen Fahrplans im Juni des Jahres schrumpfte der Einsatzgebiet der M61 um ein weiteres Stück, wonach die aus Tapolca kommenden Züge ab Székesfehérvár mit einer Ellok anstelle einer M61 befördert wurden. Noch im gleichen Jahr wurde die Dampfheizung offiziell eingestellt und gleichzeitig wurden einige M61 mit Anschlüssen zur Heizwagensteuerung versehen, obwohl beim Ausfall des Heizwagens immer noch des öfteren auf die Dampfheizung zurückgegriffen wurde, sehr zur Freude der Eisenbahnfreunde. Als in den Bestand der NOHABs schon größere Lücken gerissen wurden, drangen auch die M41 und M62 in den Reisezugdienst der nördlichen Balatonstrecke ein, was natürlich häufige Ausfälle und Verspätungen zur Folge hatte. Dieser Verfall der Reisequalität war wohl auch für „einfache Fahrgäste” nicht zu übersehen. Den Laien war allerdings weniger bekannt, daß die von der MÁV-Führung vollmundig als technisch veraltet abgestempelten M61 immer noch viel zuverlässiger arbeiteten, als ihre zwangsläufigen Nachfolger; trotz ihres Alters und trotz der systematischen Vernachlässigung, die sich auch in dem bis an die zehn Jahre ausbleibenden Ölwechsel und in den ausschließlich aus verschrotteten Loks geretteten Ersatzteilen offenbart hat.

In den letzten Jahren der Baureihe wurden auch private Initiativen unternommen um die Lokomotiven zum Überleben zu verhelfen. Das wohl spektakulärste Ergebnis war die teilweise Restaurierung der M61-010 in 1997, als die Maschine einen neuen, dunkelrot-weiß gestreiften Anstrich erhielt und die Führerstände und die Innereien teilweise erneuert wurden; all dies aus privaten Mitteln, ohne auch nur ein offizielles oder unoffizielles Dankeschön von der Staatsbahn zu erhalten. Ebenfalls der Erwähnung wert, wurde M61-004 unter den Schutz des Verkehrsmuseums gestellt und auch ein Vertrag zwischen MÁV und der Stadt Tapolca war schon in Sicht, laut dessen die Lokomotive permanent in Tapolca, dem Heimdepot der Lokomotiven für die letzten 20 Jahre, beheimatet bleiben würde. In 1997 wurde die Maschine sogar auf den Namen „Tapolca” getauft und wurde damit die bislang einzige ungarische Diesellok, die einen Namen trägt (nur einige Elektroloks wurden bis dahin nach Städten oder berühmten Menschen benannt). Kaum vergingen aber zwei Jahre, als M61-004 in einem Sturm gegen einen umgestürzten überalterten Baum fuhr und entgleiste, was ihr irreparable Schäden verursachte. Daraufhin wurden in aller Eile etliche Bäume entlang der Strecke gefällt, doch dies konnte weder die 004 zum Leben erwecken, noch konnte es die Hoffnung vermitteln, daß irgendwelche Bahnangestellte den geplanten Vertrag in Erinnerung halten werden. Bald wurde zumindest ein Ersatz für die verunglückte Maschine gefunden; nur wenige Monate nach dem Unfall erhielt M61-020 eine dem ursprünglichen Anstrich mehr ähnelnde Lackierung. Der Motor von M61-004 blieb intakt und hätte in einer anderen Meschine überleben können, wäre sie nicht gedankenlos zerlegt und dem Schrotthändler überlassen worden. Noch im selben Jahr wurde der 004 ein Führerstand abgeschnitten und nach Budapest gebracht, um es als Museumsexponat aufzubereiten.

Und dann folgte schon das letzte Jahr der M61. Die erste Lokomotive der Baureihe, M61-001 wurde der MÁV Nosztalgia GmbH im März 2000 übergeben. Da der Lokomotive bereits zwei Fahrmotoren gefehlt haben, vergriff man sich kurzerhand an der immer noch makellosen M61-019 und beraubte sie ihrer Drehgestelle, obwohl es allen bekannt war, daß im AW Budapest-Nord noch einige Fahrmotoren zur Aufbereitung verfügbar waren. M61-001 wurde im Frühjahr 2000 in das alte Farbschema umlackiert und – wie ungewöhnlich für eine NOHAB – debütierte gleich mit Motorproblemen. Daraufhin wurde die seit Mitte 1998 abgestellte M61-002 in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion” nach Budapest geschleppt um die nötigen Ersatzteile für die 001 zu spendieren. Wohl gemerkt, das alles nur einige Monate danach, daß der Motor von M61-004 komplett den Bach herunterging! Also ließ der erste große Raubzug des Jahres noch drei Lokomotiven in Tapolca am Leben: 006, 010 und 020. Im letzten Sommer am Balaton waren sie noch im Dienst, sie arbeiteten bis in den Herbst hinein, und M61-020 war bis Ende Dezember in Betrieb, als die endgültige Abstellung der Baureihe unerwartet angekündigt wurde, gerade rechtzeitig um Weihnachten sowohl für viele Eisenbahner, als auch für Tausende von Eisenbahnfreunden zu verderben, die diese großartigen Maschinen über alles geliebt und bewundert haben.

Der letzte planmäßige Einsatz einer M61 bei der MÁV fand am 21. Dezember 2000 statt, als M61-020 den Schnellzug 974 zwischen Székesfehérvár und Tapolca beförderte, von wo aus der Zug mit einer M41 nach Celldömölk weiterfuhr. Zumindest endete ihr Einsatz wie alles begonnen hat; mit einem Schnellzug, wie sie es am Anfang ihrer fast vierzigjährigen Geschichte gewohnt waren. Am nächsten Morgen wurden die vier in Tapolca verbliebenen Loks (M61-019 seit 10 Monaten außer Betrieb, M61-006 und 010 seit einigen Tagen oder Wochen nicht im Gebrauch und lediglich 020 in betriebsfähigem Zustand), gezogen von M61-020 – mitunter bei Geschwindigkeiten um 100 km/h – nach Budapest gebracht, wo sie, nachdem das Lokpersonal von Tapolca regelrecht vom Führerstand vertrieben wurde, zur Nostalgie GmbH gebracht wurden; wie es gesagt wurde, „zur zeitweiligen Aufbewahrung”.

Zwar ist die Geschichte der ungarischen NOHABs noch alles andere als beendet, aber einiges scheint schon an einem zeitweiligen Ruhepunkt angekommen zu sein. M61-001 (äußerlich restauriert und betriebsfähig gehalten) und 020 sind weiterhin Besitz der MÁV, jedoch bringen sie ihrem Betreuer, der Nostalgie GmbH Profit. 006 und 019 (nun beide mehr oder weniger betriebsfähig) gehören der Nostalgie GmbH seit Mitte 2001. M61-017 (nun in 2761 017-9 umbenannt) konnte mit der Hilfe von Tapolca dem Tod gerade noch entkommen, denn sie wurde am geplanten Tag der Verschrottung kurz zur Betriebsfähigkeit verholfen und fand im Plandienst eine zeitweilige Zuflucht. Die 017 gehört nun seit geraumer Zeit der Fahrwegerhaltung und wird – nunmehr gründlich überholt – in Erwartung weiterer Jahrzehnte als eigens für Meßzüge unterhaltenes Triebfahrzeug eingesetzt. M61-010 wurde von unserer Stiftung übernommen – zumindest diese Maschine konnte in die Hände von den Eisenbahnfreunden gelangen, die schon so viele Opfer für ihre Rettung dargebracht haben. M61-002 wurde in ihrer Budapester Gefangenschaft übel hergerichtet und anscheinend wurde alles getan, um zu verhindern, daß aus ihr wieder eine Lokomotive wird. In 2005 wurde ihre Verschrottung geplant, jedoch wurde der mittlerweile leere Lokkasten von unserer Stiftung gekauft und wurde damit vom Schneidbrenner gerettet. Es wäre nicht unmöglich, daraus wieder eine betriebsfähige Lokomotive zu bauen, doch wegen dem nötigen Aufwand an Arbeit und Finanzen hat das nur in der Größenordnung von einem Jahrzehnt nennenswerte Realität.

Was die kommenden Jahre den ungarischen NOHABs bringen werden, bleibt vorerst ein Geheimnis der Zukunft. Doch was immer noch kommen mag, sollten wir nie vergessen, was ein Lokführer in Tapolca nach nahezu zwanzig Jahren seines Dienstes auf der M61 gesagt hat:

„Es mag schon sein, daß die unsere Loks genommen haben. Was die aber niemals rauben können, sind die zwei Jahrzehnte, die mir diese Maschinen gegeben haben.”


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